Urbane Natur: Die Wiederentdeckung der Magie

Urbane Natur: Die Wiederentdeckung der Magie

In meiner Kindheit haben meine Eltern meine beiden Schwestern und mich jedes Wochenende auf die Berge gescheucht. Für meine Eltern, die sich in den Bergen kennen und lieben gelernt hatten, war das das Größte und Schönste. Für mich war es Tortur – anstrengend und langweilig. Immerhin nahm meine Mutter eine Tafel Schokolade der Sorte Alpenmilch mit, die wir dann stückchenweise bis zum Gipfel als Motivationspäckchen verabreicht bekamen.

Blick vom Gipfel des Mont Chery in Richtung auf den Mont Blanc. Aufgenommen von meiner Schwester Marion.

Kindheit in den Bergen: Zwischen Anstrengung und Berührung

Oben am Gipfel, nach Stunden des beschwerlichen Aufwärtsmarsches, durften wir uns als Highlight in das kleine Büchlein am Gipfelkreuz eintragen. Im Anschluss gab es die von meiner Mutter morgens noch schnell geschmierten Brote und wir blickten kauend auf das weite, 360 Grad Panorama der Alpen. Dieser Blick in die Weite, in die Herrlichkeit der Berglandschaft, hat dann doch tief in meinem Inneren etwas berührt.

Rebellion und die Rückkehr zur Urbanität

Mit 12 Jahren haben wir uns drei Schwestern dann zusammengeschlossen und eine Meuterei gestartet. Wir haben ein Schreiben verfasst und unseren Eltern mitgeteilt, dass wir genug vom Wandern haben und lieber zu Hause bleiben wollen. Gerne auch alleine. Unserer Forderung wurde stattgegeben. Von da an gab es für uns jedes Wochenende eine Dose Ravioli als Hauptmahlzeit, gefolgt von als Nachtisch in der Pfanne angerösteten, karamellisierten Haferflocken, die manchmal auch verbrannt waren.

Ich bin in der Innenstadt von München geboren und aufgewachsen. Mitten in Giesing, in der Straße, in der der Oktoberfest-Umzug startet. Ich liebte als Kind die Stadt. Ich tue es immer noch. Die vielen und immer neuen Eindrücke, die dort auf mich tagtäglich einströmten. Den Duft von Teer an heißen Sommertagen, wenn die mit Teer ausgefüllten Fugen der Bodenzwischenräume auf der Straße Blasen schlugen. Der weiche, etwas klebrige und schwer riechende Teer ließ sich so schön zurück in die Fuge drücken. Oder das große Abenteuer, die vierspurige Straße (oder waren es nur zwei Spuren?) zu überqueren, die wir auf dem Weg zur Schule verbotenerweise an der Stelle überquerten, wo sich keine Ampel befand.

Mit Ende 20 für 1,5 Jahre in Australien, Byron Bay

Die Wiederentdeckung der Magie

Ich musste erst auf die andere Seite der Welt reisen, um mich wieder mit der Erhabenheit und Schönheit der Welt zu verbinden. Das war mit Ende 20. Ich war ergriffen von der überwältigenden Schönheit der Natur, auf die ich mich in der Fremde ganz einlassen konnte, die ich regelrecht in mich aufsaugte. Ich habe meine Verbindung zur Natur wiederentdeckt, habe die Verbindung intensiviert, habe mit und in der Natur gearbeitet und gemerkt: Das möchte ich! Aus dieser Art der Arbeit, die Natur zu gestalten und mich dabei als Teil von ihr zu fühlen, ziehe ich tiefste Befriedigung und ich möchte anderen Menschen helfen, auch so zu empfinden.

Goethes Gedicht und die verborgene Schönheit der Natur

Die ganze Natur ist eine Melodie,

in der eine tiefe Harmonie

verborgen ist.

Johann Wolfgang von Goethe 1749 – 1832

Dieses Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe drückt für mich die Idee aus, dass die Natur eine harmonische Melodie ist, die tief verwoben ist. In einfachen Worten ausgedrückt: In der Natur existiert eine Art harmonisches Gleichgewicht und Schönheit, die für uns oft verborgen bleibt. Das Gedicht lädt dazu ein, die Natur nicht nur oberflächlich wahrzunehmen, sondern tiefer zu gehen und die verborgene Harmonie und Schönheit zu erkennen, die in allem um uns herum existiert.

Wir werden eingeladen, uns bewusst zu machen, dass hinter der scheinbaren Vielfalt und dem Chaos in der Natur eine tiefere Ordnung und Harmonie liegt, die wir vielleicht nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Indem wir achtsamer mit unserer Umwelt umgehen und uns bewusst zu machen, dass wir ein Teil dieser harmonischen Melodie sind und unsere Handlungen Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem haben können, können wir diesen magischen Raum erfahren.

Die Sinne schärfen für die Magie

Wir müssen gar nicht in die Ferne reisen, sondern können direkt vor unserer Haustür die Melodie und Magie in der Natur entdecken, indem wir versuchen, unsere Sinne zu schärfen und unsere Wahrnehmung zu öffnen.

Hören

Lausche den verschiedenen Klängen der Natur, sei es das Rauschen der Blätter im Wind, das Zwitschern der Vögel oder das Prasseln von Regentropfen auf der Oberfläche eines Sees.

Sehen

Achte auf die feinen Details um dich herum, dem Morgentau auf einem Blatt des Frauenmantels, dem filigranen Muster in den Blättern des Kaukasischen Vergissmeinnicht, bis hin zu den lebhaften Farben der Blumen. Öffne deine Augen für die Schönheit, die dich umgibt.

Fühlen

Spüre die raue Oberfläche einer Baumrinde, das sanfte Streicheln des Windes auf deiner Haut oder den erfrischenden Guss eines Regenschauers. Verbinde dich mit der physischen Erfahrung der Natur.

Riechen

Atme tief ein und genieße die verschiedenen Düfte der Natur, sei es der frische Geruch nach Regen und Waldboden, das süße Aroma von Himbeeren, der zarte Duft von Rosen oder das würzige Aroma von Wildkräutern.


Durch die ökologisch nachhaltige Gestaltung deines Gartens kannst du zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele 2, 3, 6, 7, 11, 12 13, 14, 15 und 17 beitragen.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Mara

    Liebe Sadhana
    Dieser Blogbeitrag ist RICHTIG GUT und du schreibst ABSOLUT WUNDERBAR. Über die Geschichte mit dem Wandern in unserer Kindheit musste ich total lachen, denn genau so ging es mir auch (Wandern – bäääähhhh!!!). Aber ich hatte nicht mehr im Kopf, wir wir endlich aus der Wandernummer rausgekommen sind. Danke, dass du es mir wieder ins Gedächtnis geholt hast.
    Ich war ja auch immer so eine Stadtpflanze, aber durch das Leben im Van und meinen Kater Tayfun habe ich das Sein in der Natur wirklich lieben gelernt und kann mir gar nichts anderes mehr vorstellen. Erst heute bin ich wieder in einem Wald aufgewacht und der Tayfun ist schon draussen am Entdecken.

    Schreib unbedingt weiter, ich freue mich schon auf deinen nächsten Blogbeitrag! Eine dicke Umarmung von deiner grossen Schwester

    1. Sadhana

      Liebe Mara! Ich freu mich sehr, dass ich diese Erinnerung mit dir teilen kann! Ja, wir saßen mit verschränkten Armen auf unserem Kleiderschrank und haben gerufen: Wir protestieren, auf allen vieren! Und anschließend brachten wir unsere Forderung zu Papier. Ganz lieben Dank für dein Kompliment!

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