Als ich 2021 auf der Bundesgartenschau im EGA-Park in Erfurt unterwegs war, ist mir eine Pflanzung sofort ins Auge gefallen. Sie entsprach vollkommen meinem Wesen und meiner favorisierten Gartenästhetik: Wild, aber dennoch geordnet. Ein Umfeld, in dem ich mich sofort wohlfühlte. Natürlich musste ich herausfinden, wer für dieses kleine Meisterwerk verantwortlich war. Die Antwort fand ich im Flyer: Piet Oudolf, ein niederländischer Landschaftsgartendesigner mit einem Schwerpunkt auf Pflanzungen.
Ich möchte, dass sich die Leute im Garten verlieren, statt einfach nur hindurchzulaufen.
Piet Oudolf
Eigentlich war ich nicht überrascht. Denn Piet Oudolf war und ist für mich schon lange ein großes Vorbild und eine Quelle der gartengestalterischen Inspiration. Eines seiner berühmtesten Werke findet sich in New York. Dort hat er von 2009 bis 2011 einer stillgelegte Hochbahntrasse neues Leben eingehaucht und den berühmten High Line Park geschaffen. Warum ich dir das erzähle? Weil ich glaube, dass es für uns alle wertvoll und von großem Nutzen ist, sich Vorbilder zu suchen. Menschen, die wir bewundern, zu denen wir aufschauen und die uns inspirieren. Menschen, von deren Wissen und Expertise wir profitieren können. Und genau so jemand ist Piet Oudolf.

Wer ist Piet Oudolf?
Biografie des Gartenkünstlers
Piet Oudolf, geboren 1944 in Haarlem in den Niederlanden, hat sich in einigen Berufen ausprobiert, bevor er seine Berufung fand: die Gestaltung von Gärten. Heute ist er einer der bekanntesten Meister seines Fachs, der unzählige Gärten und Parks gestaltet hat. Seine einzigartige Herangehensweise brachte ihm zahlreiche Preise und Auszeichnungen ein und den Ruf, einer der innovativsten und kreativsten Gartengestalter unserer Zeit zu sein. Seine Art der Pflanzenverwendung hat eine neue Welle der Gartenkunst inspiriert und geprägt. Viele Gartengestalter*innen und Landschaftsarchitekt*innen auf der ganzen Welt haben seine Ideen aufgegriffen und in ihren eigenen Projekten umgesetzt.

Oudolf begann seine berufliche Laufbahn als Gartenarchitekt und Gärtner, bevor er seine eigene Firma “Future Plants” und später die Gärtnerei “De Koesterd” gründete. Seit 2010 ist Oudolf nur noch als Gartengestalter tätig. Sein Stil gilt als sehr naturnah, mit einem starken Fokus auf Pflanzungen, insbesondere Stauden, Gräser und Wildblumen. Diese Pflanzen spielen in seinen Projekten häufig die Hauptrollen. Laut eigener Aussage inspiriert ihn seine Liebe zur Natur und zur Pflanzenwelt dazu, Gärten zu gestalten, die die natürlichen Lebenszyklen und die Schönheit der Pflanzen in den Vordergrund rücken.

Die Philosophie von Piet Oudolf
Eine wichtige Grundlage seiner Arbeit ist die Auswahl von Pflanzen, die zu den örtlichen klimatischen Bedingungen und Bodentypen passen. Er betont die Bedeutung der Nachhaltigkeit und der Unterstützung der örtlichen Tierwelt in seinen Gärten. Dies schafft nicht nur lebendige und sich entwickelnde Gärten, sondern fördert auch die Biodiversität.
Ein Fokus seiner Arbeit liegt zudem darauf, wie der Garten als Ökosystem in seiner Gesamtheit funktioniert und wie dieses möglichst naturgetreu belassen oder nachgeahmt werden kann. Zwar sind ihm Farben wichtig, doch für Oudolf bedarf es vor allem einer architektonischen Struktur, um seinen Ansprüchen an Ästhetik gerecht zu werden. Dennoch dürfen Gärten nicht zu perfekt oder makellos erscheinen. So verwendet er häufig organische Formen in seinen Anlagen. Oudolf versteht es, die Balance zu halten zwischen Freiheit und Kontrolle, zwischen Moderne und naturalistischer Empfindsamkeit. So schafft er Gärten, die das ganze Jahr über die Besucher in ihren Bann ziehen.

Extra-Tipp: Du willst mehr erfahren? Besuche den Vitra Campus in Weil am Rhein und erlebe den von Oudolf dort angelegten Garten in all seiner großartigen Vielfalt hautnah.
Was können wir von Piet Oudolf lernen? Praktische Tipps für deinen Garten
Gräser und Stauden für Gartenstruktur
Ein Schlüsselmerkmal von Oudolfs Pflanzungen ist die Verwendung von Gräsern und Stauden. Oudolf ist ein Meister darin, Gräser in seinen Gärten zu integrieren, um Bewegung und Leichtigkeit zu erzeugen. Gräser wie das Lampenputzergras (Pennisetum alopecuroides) und das Moor-Pfeifengras (Molinia caerulea) fügen seinen Pflanzungen eine dynamische Dimension hinzu. Sie bewegen sich im Wind und verleihen dem Garten eine lebendige Atmosphäre.
Piet Oudolf verwendet auch eine Vielzahl von Stauden, die sich im Laufe der Jahreszeiten verändern. Seine Pflanzungen sind oft so konzipiert, dass sie im Frühling und Sommer eine Fülle von Blüten bieten, die dann im Herbst und Winter zu interessanten Samenständen und Strukturen verblühen. Dieser Ansatz stellt sicher, dass seine Gärten das ganze Jahr über faszinierend sind. Außerdem sorgen die Stauden als Gegenpol zu den Gräsern für Struktur.

Laub und Verblühtes mit eigenem Charme
Oudolf kreiert seine Gärten so, dass sie zu jeder Jahreszeit eine faszinierende Anziehungskraft entfalten. Das bedeutet aber nicht, dass man zu jeder Jahreszeit in der Pflanzung schuften muss, nein, im Gegenteil. Natürliche Prozesse von Verfall und Verwelken werden ganz bewusst eingeplant und bei der Auswahl der Pflanzen berücksichtigt. Schließlich gibt es viele Gräser, Wildblumen und Stauden, die auch nach dem Sommer ihren Charme behalten oder durch eine optisch besonders spannende Phase ihres Lebenszyklus gehen.
Gerade die sanften Farbtöne und der verfallende Charme vieler Stauden im Herbst verleihen seinen Gärten eine besondere Ästhetik. Diese Gestaltungsphilosophie, die auf Nachhaltigkeit und Beständigkeit setzt, hat eine Bewegung des “Neuen Naturalismus” angestoßen, welche die organischen Prozesse der Pflanzen in den Mittelpunkt rückt. Dieser Ansatz erfreut sich zurecht zunehmender Beliebtheit in der Gartenwelt.


Es lohnt sich, Pflanzen bei ihrem natürlichen Verwelken zuzusehen, denn oft ergeben sich so ganz eigene Formen und Farben. Außerdem bieten die Fruchtstände im Winter wichtige Nahrung für Vögel. Bei Oudolf werden Stauden und Gräser grundsätzlich erst im Februar zurückgeschnitten, da zu dieser Zeit die Pflanzen ohnehin bald wieder neu austreiben.
Biodiversität und natürliches Wachstum fördern
Mit einheimischen Pflanzen, die die regionale Tierwelt anlocken, förderst du die Biodiversität in deinem Garten und seinen natürlichen Charme. Erlaube deinen Anpflanzungen, sich auf natürliche Weise zu entwickeln, ohne in ihren Lebenszyklus einzugreifen. Piet Oudolf versteht Pflanzen als Charaktere in einem Garten und arbeitet daran, dass sie sich gegenseitig respektieren und harmonisch miteinander entwickeln. Daher ist sein Ansatz zur Gartenpflege weniger auf Kontrolle ausgerichtet, sondern betont das Beobachten und die Wechselwirkungen zwischen den Pflanzen und Tieren. Das erfordert Sensibilität, die Bereitschaft, der Natur ihren Lauf zu lassen und ein tiefes Verständnis des Gartens und seiner Bewohner.

Lese-Tipp: Du willst mehr über Piet Oudolf und seine Gartenphilosophie lesen? Dann schau dir dieses Interview oder diesen Artikel an!
Beispiele für von Oudolf verwendete Pflanzen
Lieblingsgräser von Piet Oudolf



Lieblingsstauden von Piet Oudolf



Pflanzen, die im Herbst faszinieren



Meine Buch-Empfehlungen
Oudolfs Liebe zur Natur und sein Streben nach einer harmonischen Koexistenz zwischen Mensch und Natur spiegeln sich in seinen Projekten auf der ganzen Welt wieder. Er hat einen großen Einfluss auf die moderne Gartenkunst und die Art und Weise, wie wir die Natur in unsere Lebensräume integrieren. Wenn du Piet Oudolf genauso inspirierend findest, wie ich, dann kannst du von ihm noch jede Menge lernen. Lies seine Bücher!

At Work
Von Piet Oudolf*
*Bei den Links zu den Büchern handelt es sich um Affiliate-Links. Wenn du das Buch über diesen Link bestellst, erhalte ich eine kleine Provision. Für dich wird das Buch dadurch natürlich nicht teurer, aber du unterstützt mich und meine Arbeit.


